Kastration – WARUM?

Ich werde sehr häufig von Welpenkäufern oder Hundehaltern gefragt, „wie ist das eigentlich mit Kastration?“

  • Wann sollte man kastrieren?
  • Ist es überhaupt sinnvoll?
  • Was verändert sich nach einer Kastration?
  • Die Hündin noch vor der 1. Läufigkeit kastrieren lassen?

Es gibt hierzu sehr viele verschiedene Meinungen und Stimmen. Meine persönliche Meinung hierzu: „Kastration ist kein Allheilmittel, und trägt auch nicht zwangsläufig zu einer positiven Verhaltensänderung oder Gesunderhaltung des Hundes bei … wie viele Halter vertreten“

Hormone, Botenstoffe etc. sind für die Entwicklung (Knochen, Bänder, Sehnen, etc.) und für die geistige Entwicklung (Erwachsen werden, Lernbereitschaft, Aufnahmefähigkeit, Stressbewältigung, etc.) von größter Bedeutung. Außerdem, wenn wir uns das Tierschutzgesetzt mal ganz genau durchlesen, wäre eine Kastration ohne medizinische Indikation eigentlich ein Verstoß. Einem Tier unnötig Leid oder Schmerzen zuzufügen, ist tierschutzrechtlich eigentlich verboten. Es ist für mich immer traurig zu sehen, wie junge Hunde (natürlich süß und knuffig, leichter zu vermitteln) mit knapp 5 oder 6 Monaten schon kastriert wurden. Auch Frühkastrationen bei den sogenannten Modehunden ist keine Seltenheit mehr.

Meinungen, der Sexualtrieb ließe nach, der Hund sei leichtführiger oder er würde gar länger leben, da man gewisse (Krebs-)Erkrankungen ausschließen kann … Bequemlichkeit und keinerlei Wissen über das Zusammenspiel von Hormonen, Verhalten und Gesunheit!

Eine Kastration ist nicht mehr rückgängig zu machen! Vor einem endgültigen Eingriff könnte man auch erst über das Setzen eines Kastrationschips testen, ob sich eine Verhaltensänderung beim Hund einstellt!


Nachlassen des Sexualtriebes … bei meinem kastrierten Rüden und meiner kastrierten Hündin ist das definitiv nicht zutreffend!

Der Hund ist leichtführiger … Das hat meiner Meinung nach mit Erziehung und Wissen über Hundeverhalten zu tun und weniger mit einer Kastration! Hier sollte man ggf. vorher einen erfahrenen Trainer hinzuziehen, der entscheiden kann, ob das Fehlverhalten auch wirklich testosterongesteuert ist oder nicht. Ich habe sehr viele Freunde und Bekannte, die kastrierte und auch unkastrierte Hunde halten. Es hat auch viel mit der Persönlichkeit des Halters, der Führung und natürlich der Erziehung des Hundes zu tun und ich kann definitiv keinen Unterschied feststellen, dass durch eine Kastration ein Vorteil entstünde. Besser wäre vielleicht erst Verhalten vs. Kastration und deren Folgen abzuwägen. Manchmal lohnt es sich gar nicht, denn div. Verhalten bleiben nicht selten bestehen oder können sich sogar verschlimmern.

Krebserkrankungen ausschließen … welche Krebserkrankungen oder andere physischen und psychischen Dispositionen/Folgeerscheinungen (Skelett, Bänder, Stress, Angst, etc.) aber auf Grund von Frühkastration (Kastration) auftreten können, rücken hier ganz stark in den Hintergrund! Ich denke, wenn ein Hund (mittlere/große Rasse) einmal sein 12 oder 13 Lebensjahre erreicht hat, dann kommen nun mal die einen oder anderen Wehwehchen hinzu … das ist bei uns Menschen auch nicht anders, wenn wir älter einmal älter werden.

Würde man seiner Tochter oder seinem Sohn bereits im Grundschulalter Gebärmutter/Eierstöcke oder Prostata entfernen lassen, um so einmal mögliche (Krebs-)Erkrankungen im Alter ausschließen zu können?


Meine Erfahrungen mit Kastration

José ist charakterlich ein sehr ängstlicher und stressanfälliger Hund. Er traut nicht jedem Menschen und vor allem nicht jedem Hund. Leider musste er hier schon sehr viele schmerzliche Erfahrungen sammeln, wenn er angriffen wurde und wie eine Beute durch die Luft flog. José’s Kastration war damals ein Fehlschuss und ich würde es heute, nach meinem jetzigen Wissensstand, nicht mehr machen lassen. Selbst wenn es im Übernahmevertrag der Tierschutzorganisation vorgeschrieben wird, kann man zu keiner Kastration zwingen. Dies ist rechtlich nicht durchsetzbar! Ich würde es auch nicht mehr machen!

Heute ist José in einer Welt gefangen, die ihn häufig sehr stark belastet. Er findet keine Möglichkeit, Situationen zu regulieren, sich selbst zu stabilisieren. D. h. für uns immer wieder Training und kond. Entspannungsübungen etc. Er hat Stress, übersäuert und uriniert dann auffällig häufig, besonders wenn es Essen gibt. War eben ein Straßenhund. Ihm fehlt ein ganz wichtiges Hormon, nämlich Testosteron! Testosteron reguliert den Cortisolhaushalt (Stresshormon) was natürlich jetzt ungebremst freie Fahrt hat.

Obwohl er kastriert ist, ziehen ihn läufige Mädels trotzdem stark an. Nachbarshündin Leni verdreht ihm generell den Kopf, wenn sie läufig ist und kastrierte Rüden haben ihn auch schon mal „ganz“ wild werden lassen! Ist wohl der Geruch des kastrierten Rüden gewesen … armer Rüde! Unsere eigenen Hündinnen hier im Haus lassen ihn jedoch kalt. Selbst wenn sie in der Standhitze reizvoll an ihm vorbeiziehen, keine Reaktion. Fremde, heiße Hündinnen – wow, da kommt so richtig der Macho durch! Kann man somit davon ausgehen, dass ein solches Verhalten durch eine Kastration praktisch „ausgelöscht“ wird, nicht zutrifft.

Absolut lesenswert finde ich das Buch von Prof. Dr. Udo Gansloßer und Sophie Strodtbeck! Seine Bücher lesen sich klasse. Ich selber hatte das Buch damals, als es auf dem Markt kam, gelesen. Ich war erstaunt, was eine Kastration für ein Tier (Hund) bedeutet. Dank dieses tollen Buches und Literaturen zu diesem Thema sehe ich die Sache „Kastration“, vs. „Gesundheit“ und „Verhalten“ von einer ganz anderen Seite.


Kastration bei Mehrhundehaltung

Definitiv kein Problem. Egal ob meine Mädels läufig sind oder nicht, es ist immernoch ein harmonisches Rudel! Sie spielen zusammen, liegen gemeinsam im Korb, reiten auch manchmal gegenseitig auf (im Spiel), dulden sich beim Fressen. Die Kontrolle der Hündin während der Stehtage haben wir gut im Griff und nach den ganzen Jahren der Haltung von Hündinnen hatten wir noch nie einen Zwischenfall mit einem Rüden gehabt. Es ist eine Frage der Organisation. Wir ziehen die Aufgabe vor, eine Lösung zu finden, als die Bequemlichkeit einfach ohne Grund und medizinischer Indikation kastrieren zu lassen. Während der Standhitze halten wir unsere Augen nach freilaufenden Rüden einfach auf. Unsere Mädels würden auch nicht während der Hitze einfach abhauen (siehe Erziehung). Der Haarverlust vor der Läufigkeit ist natürlich enorm. Abhilfe schaffen mittlerweile leistungsfähige Staubsauger und die Blutstropfen sind auch schnell weggewischt.


Mein Buch-Tipp über Kastration!

Professor Dr. Udo Gansloßer und Sophie Strodtbeck!